LUIS CRUZ

FOTOGRAFIE

Zu Jiddu Krishnamurti

Gedenken an Krishnamurti Diese Fotoserie ist entstanden über einen Zeitraum von vier Jahren, indem ich ständig zu jeder Jahreszeit mit der Leica in der Hand durch den kleinen Park „Stadtgarten“ ging und meine Tochter Laura zu ihrer Schule brachte oder von dort abholte.

Mit Krishnamurti als „ständigem Begleiter“ habe ich die Situationen des Lichts und die Besonderheiten der Bäume nicht gesucht, sondern gefunden. Immer wieder bin ich an denselben Orten vorbeigegangen und mein Blick hat das Unterschiedliche, das Verborgene und Schöne dieses endlosen kleinen Raums wahrgenommen. Nicht immer habe ich den Auslöser der Kamera gedrückt, manchmal war mein Kopf voll und ließ mich nicht sehen und noch viel weniger mit der Umgebung verschmelzen. Ich möchte in diesem Zusammenhang Jiddu Krishnamurti zitieren: „Dieses unmittelbare Gewahrsein, dass der Beobachter das Beobachtete ist, ist kein Prozess der Identifizierung mit dem Beobachteten. Sich mit etwas anderem zu identifizieren, ist ziemlich leicht. Die meisten Menschen identifizieren sich mit etwas - mit ihrer Familie, ihrem Ehemann oder ihrer Ehefrau, ihrer Nation -, und das führt zu großem Elend und schrecklichen Kriegen. Wir meinen hier etwas gänzlich anderes, und wir dürfen es nicht verbal verstehen, sondern müssen es tief innerlich, an der Wurzel unseres Seins erfassen. Bevor ein Künstler im alten China etwas zu malen begann, einen Baum zum Beispiel, setzte er sich vor den Baum für Tage, Monate, Jahre nieder - es kam nicht darauf an, für wie lange -, bis er der Baum war. Er identifizierte sich nicht mit dem Baum, sondern er war der Baum. Das bedeutet, dass zwischen ihm und dem Baum kein Abstand war, kein Raum zwischen dem Beobachter und dem Beobachteten, kein Erfahrender, der die Schönheit, die Bewegung, den Schatten, die Fülle des Laubwerks, die Eigenart der Farben beobachtete. Er war der Baum ganz und gar, und nur in diesem Zustand konnte er malen“.

Es wird erzählt, dass Cartier Bresson von Georges Braque genau an dem Tag der Landung der Truppen in der Normandie ein Buch geschenkt bekommen hat. Es war „Die Kunst des Bogenschießens“ des Philosophen Eugen Herrigel. Das Buch hat sein Leben verändert. Er war auf der Suche nach der Freiheit des Augenblicks und in den Lehren des Zen-Buddhismus hat er das Prinzip gefunden, das er für seine Fotografie und seine Form des Lebens gesucht hat. Denn das Werk enthält allem Anschein nach die einfachen Prinzipien, nach denen er immer suchte: Geistesgegenwart, das Warten und das Verschwinden in der Anonymität. Auf dieselbe Weise habe ich in J.K. einen Partner gefunden, der vertraut auf den Wert der Gegenwart und die Bedeutung der Sinne im Gegensatz zum Denken mit seiner extremen Dominanz und seinem unerschöpflichen Eifer das zu interpretieren, was das Auge sieht, vergessend, dass die Sprache des Sehens unabhängig von den Wörtern ist, das heißt frei von Wörtern.

Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass dem Kunstkritiker Jean-Claude Lemagny die Verwendung von Wörtern missfällt, weil er sie „unanständig“ findet und nur in der Dichtung für rein hält. Wenn wir also akzeptieren, dass die Natur ist was sie „ist“ und keiner Wörter bedarf um zu existieren, dann erkennen wir, dass ein Kern Wahrheit steckt in dem, was Immanuel Kant gesagt hat: „Die Schönheit der Kunst besteht darin, dass wir uns dessen bewusst sind, dass es Kunst ist, und sie trotzdem den Anschein der Natürlichkeit erweckt.“

Luis Cruz